Stefan Weinfurter: Karl der Große. Der heilige Barbar. München und Zürich 2013: Fundsachen S. 110, 275.
Sigfrid Gauch: Briefe über Leers‘ Verhältnis zum Islam. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (Briefe an die Herausgeber) 16. 11. 2013.
ceg: Gauch auf braunen Spuren. Mit ,Fundsachen‘ stellt er das Material zu seinem Roman ,Vaterspuren‘ vor. In: Mainzer Rhein-Zeitung 4. März 2011.
Martin Finkenberger: Johann von Leers und die ,faschistische Internationale‘ der fünfziger und sechziger Jahre in Argentinien und Ägypten. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. 59. Jg. 2011. H. 6. S. 522-543.
Fundsachen enthält neben erstmals veröffentlichten handschriftlichen Erinnerungen und Originaltexten die völkische Korrespondenz von den 1920er Jahren über die Zeit des Dritten Reiches hinaus bis in die 1970er Jahre. Auch in dieser Sammlung geht es „um die Aufarbeitung und Abarbeitung eines Stücks deutscher und europäischer Geschichte, die bis in die heutige Wirklichkeit hineinreicht“, wie die Neue Zürcher Zeitung über Vaterspuren schrieb.
Der Nachlass von Herman Gauch: die in „Fundsachen“ publizierten Dokumente, die Lebenszeugnisse und handschriftlichen Erinnerungen, die Manuskripte, Veröffentlichungen und Rezensionen vor 1945, sowie die Korrespondenzen mit völkischen Schriftstellern wie Philipp Stauff („Ariosophie“), Heinrich Pudor („arisch-germanische Rassehochzucht“) oder Johann von Leers (NS-Professor, nach 1945 in Buenos Aires bei Peron, dann in Kairo bei Nasser eine Schaltstelle für Nazis und Neonazis) oder die Briefe des im Nürnberger Prozess zum Tode verurteilten und 1951 wegen maßgeblicher Beteiligung am Holocaust hingerichteten SS-Generals Oswald Pohl aus seiner Todeszelle in Landsberg befinden sich seit dem 5. November 2012 in der Landesbibliothek in Speyer.
Aus dem Inhalt: Das „Curriculum vitae“ von Dr. med. Herman Gauch (1899 - 1978) in Briefen und Dokumenten: Der achtzehnjährige Kriegsfreiwillige 1917 in Frankreich schwer verwundet und in Kriegsgefangenschaft; Texte aus der „Kampfzeit“: Separatistenabwehr in der Pfalz; NSDAP-Zeit ab 1922 in München mit dem SA-Kompanieführer Rudolf Heß; die Ermordung des Präsidenten der „Autonomen Republik der Pfalz“ Franz Josef Heinz-Orbis in Speyer 1924; als Referatsleiter beim Reichsbauernführer Walther Darré und als Reichsamtsleiter und Adjutant des Reichsführers SS Heinrich Himmler 1934 in Berlin; der bis in den Vatikan reichende Skandal um den von H. G. gestalteten „Bauernkalender 1935“, in dem sämtliche christlichen Feiertage durch germanische ersetzt wurden; als Oberstabsarzt 1941 bei der (zufälligen) kampflosen Einnahme der Stadt Agram (Zagreb) durch ihn und seinen Fahrer; nach dem Krieg Einsatz für den in den Nürnberger Prozessen zum Tode verurteilten und hingerichteten Freund, den SS-General Oswald Pohl; Anschluss an alte und neue völkische Kreise; die eigenen handschriftlichen „Erinnerungen“ aus Mitte der 1920er Jahre; literarische NS-Texte und die medizinische Dissertation „Gesundheitswesen und Heilkunde bei den alten Germanen“ von 1922, ganz im ariosophischen Geiste von Guido von List und Lanz von Liebenfels geschrieben.
Auszug aus dem Editorial:
Die Nutzer meiner Archivalien hatten die unterschiedlichsten Forschungsansätze – und auf allen Forschungsgebieten war der Nachlass von Herman Gauch (HG) gefragt: Involviert war HG im Umkreis des Neutemplerordens ONT des ariosophischen Mystikers Lanz von Liebenfels, im Kreis um Guido von List, kannte seit 1922 die Führer der NSDAP und der SA in München, war mit zahlreichen NS-Publizisten in regem Austausch und stand nach der Machtergreifung 1933, als Marinestabsarzt wegen seiner unverhohlenen nationalsozialistischen Einstellung wie seiner zahllosen Vorträge und Veröffentlichungen unter massivem Druck der Admiralität, gerade auch deshalb vor einer beispiellosen NS-Karriere. Als die neue Reichsregierung zu einem Besuch bei der Marine zu ihnen nach Kiel gekommen sei, hätten ihm verschiedene Reichsminister Referentenstellen angeboten, so HG. Er ließ sich bei der Marine beurlauben und war, zunächst ehrenamtlich, dann nach der Entlassung aus der Marine hauptamtlich beim Reichsbauernführer Walther Darré als Stabsleiter für Brauchtum tätig.
Hier versuchte er politisch umzusetzen, was er bereits in seiner medizinischen Dissertation 1922 angekündigt hatte, glaubte er doch, alle deutschvölkischen Hoffnungen würden sich unter Hitler erfüllen. Seine Dissertation endete 1922 mit der Überzeugung: ‘Die Germanen-Morgendämmerung hat begonnen, ihre Strahlen brechen sich durch die ängstlich gehütete große Täuschung hindurch, durch Nacht zum Licht, die Weissagung der Seherin, die sie vor der Entscheidungsschlacht zwischen den Norden und Nichtnorden nach wiederholten abgeschlagenen Anstürmen der Niederrassigen und dem bald darauf einsetzenden Untergange von Atlantis sprach, beginnt sich vollkommen zu erfüllen’.
In Lesungen aus Vaterspuren wurde ich immer wieder gefragt, warum dieser Lebenslauf, der HG für eine große Karriere nach 1933 hätte prädestinieren müssen, schon 1936 scheiterte, obwohl er doch ein Mann der ersten Stunden in NSDAP und SA gewesen sei, sich als Freikorpskämpfer ausgezeichnet habe, sogar in die Ermordung des Präsidenten der Autonomen Republik der Pfalz Franz Josef Heinz-Orbis 1924 involviert gewesen sei; habe er nicht schon 1933 mit Neue Grundlagen der Rassenforschung ein Buch veröffentlicht, das den nordischen Menschen als Krone der Schöpfung sah und alle ‘Niederrassigen’ als Zwischenstufe zwischen Mensch und Tier, als ‘Untermenschen’? Ich musste antworten, dass gerade hier sein Scheitern bereits gegründet sei: Dieses Buch erregte derart viel negatives Aufsehen im In- und Ausland, die Kernthese wurde in Zeitungen von Rotterdam bis New York zitiert, dass es der um Reputation im Ausland bemühten Reichsregierung sehr ungelegen kam. So konnte Hedwig Pringsheim in einem Brief an ihre Tochter Katja, die Frau von Thomas Mann, unter Anspielung auf Richard Wagners ‘Rheingold’, 1934 festhalten: ‘Die Schmähschrift eines gewissen Gauch, dem man nur zurufen kann: ‚vergeh’, frevelnder Gauch!’ hat man aber verboten, das ging in seiner blutrünstigen Anti-heit selbst Jenen zu weit.’ Auf die Thesen dieses Buches eingegangen ist schon früh auch Thomas Manns Tochter Erika Mann, die in ihrem so genannten ‘politischen Lehrbuch’ Zehn Millionen Kinder. Die Erziehung der Jugend im Dritten Reich ausführlich die Neuen Grundlagen der Rassenforschung kommentierte. Tatsächlich schrieb die Frankfurter Zeitung am 12. 12. 1934: ‘Das Buch eines Hermann Gauch ‘Neue Grundlagen der Rassenforschung’, das durch seine abstrusen rassenpolitischen Darstellungen Aufsehen besonders im Ausland erregt hatte, ist verboten worden.’ Doch dies war noch kein wirklicher Karriereknick: eine Woche später, am 19. 12. 1934, hatte die Reichsschrifttumskammer sein 1934 in erster und erweiterter zweiter Auflage in Darrés neu gegründetem Verlag Blut und Boden erschienenes Buch Die germanische Odal- oder Allod-Verfassung als Geschenk ‘Auf jeden Gabentisch’ empfohlen. Dieses Buch, in seinen Thesen ebenso umstritten wie die Rassenforschung, wird nach wie vor in nationalistischen Kreisen gelesen und wurde illegal zweimal (1985 und 1994) nachgedruckt.
Bald darauf kam es bereits zum zweiten, von der neuen Reichsregierung als undiplomatisch missbilligten Fauxpas in seiner kurzen NS-Karriere. Zu dieser Zeit erregte eine weitere Initiative HGs großes Aufsehen: im Auftrag des Reichsbauernführers Darré, dessen Stabsleiter für Brauchtum er war, führte er eine ‘Kalenderreform’ durch: In dem in Kreisen der Landwirtschaft bis dahin weit verbreiteten Deutschen Bauernkalender, für das Jahr 1935 ‘Herausgegeben vom Reichsnährstand’, den HG komplett selbstständig gestaltete, ersetzte er sämtliche christlichen Feiertage durch germanische Feste, die Monatsnamen durch germanische Monate. So heißt es im April, dem ‘Ostermond’: Palmsonntag: Weihe der Palmkätzchen-Wische. Gründonnerstag: Ölweihe der Nachtlichter, Sieben-Kräuter-Suppe und Neunerleikohl (Regenstärke). Kar- oder stiller Freitag: Gedenken an die 4500 von Karl dem Schlächter ermordeten Sachsen und an die neun Millionen anderen ermordeten, totgefolterten und verbrannten Rechtskämpfer, Glaubenshelden, Ketzer und Hagdisen (Hexen). Und im Dezember (‘Julmond’) steht unter ‘Heiliger Abend’: Baldurs Lichtgeburt in der Gönnacht oder Mutternacht (Modranight) und Besuch des (weiblichen!) Jul-(Christ-) Kindchens. Das alles geschah selbstverständlich im Auftrag und mit Billigung des Reichsbauernführers.
Kein Wunder, dass das Pariser Tageblatt am 15. 1. 1935 vom ‘neuheidnischen Bauernkalender’ sprach; vom Februar und März 1935 finden sich in den Akten der NSDAP-Parteikanzlei mehrere Berichte der deutschen Botschaft am Heiligen Stuhl über die Stellungnahme des L’Osservatore Romano zur heidnischen Uminterpretation christlicher Feiertage und explizit des Deutschen Bauernkalenders 1935; der Artikel in der deutschen Ausgabe der Vatikanzeitung vom 18. / 19. 2. 1935 soll bei allen NS-Stellen fieberhafte Aktivitäten ausgelöst haben, wollten doch Goebbels ebenso wie Hitler jeden Machtkampf mit den Kirchen vermeiden. In seinem Handexemplar des Bauernkalenders vermerkte HG handschriftlich auf dem Titelblatt: ‘Von mir zusammengestellt. Über mein ‘Jahreslauf-Brauchtum’ beschwerte sich Rom bei Hitler; daraufhin meine Versetzung von Darré zu Himmler und anschließende Erklärung Darrés an Rom: der Verfasser gehört nicht dem Reichsnährstand an; der deutsche Bauernkalender (wird nicht geändert) sondern erscheint nicht mehr. Das war meine erste Arbeit zu der mir aufgetragenen Kalenderreform; diese endgültig zusammengestellt in Kalender und Brauchtum.
Nachdem Darré ihn (und damit auch sich selbst) aus der Schusslinie nehmen musste, betraute Himmler ihn als SS-Untersturmführer und Adjutant des Reichsführers SS mit ähnlichen Aufgaben. Zuvor aber verantwortete er noch die Errichtung des ‘Sachsenhains’ in Verden an der Aller mit einer heute noch von 4.500 Findlingen gesäumten Allee für die bei der Christianisierung unter Karl dem Großen ums Leben gekommenen Sachsen. Die Einweihung der noch im Aufbau befindlichen Gedenkstätte durch Alfred Rosenberg, Heinrich Himmler und Walther Darré musste anlässlich des ersten Niedersachsentages in der Sonnwendnacht am 21. 6. 1934 stattfinden, HG hatte noch in der Nacht aus Findlingssteinen dafür ein (fiktives) Großsteingrab errichten lassen. Am Tag der Einweihung selbst war er bereits mit dem Schiff mit einer Regierungsdelegation nach Island unterwegs, wo er Vorträge hielt, von der isländischen Regierung mit dem Ritterkreuz des isländischen Falkenordens ausgezeichnet wurde und im Auftrage Darrés fünftausend Islandpferde für die deutsche Landwirtschaft kaufte.
Zunehmend aber geriet HG innerhalb der SS in Konflikt mit seinen akademischen Kollegen, die seine ariosophischen Anschauungen nicht teilten und für unwissenschaftlich erklärten. Eine Flugschrift von Karl Weinländer, den dies ebenfalls betraf, spricht unter dem Datum vom 16. 8. 1934 davon, dass die neu als Wissenschaft etablierte Rassenkunde ‘die wertvollen Werke von Dr. Woltmann, Dr. Lanz von Liebenfels, Dr. med. Gauch, Otto Hauser, kurzerhand als ‘unwissenschaftlich’, ‘laienhaft’, als ‘nicht den Anforderungen des Nationalsozialismus entsprechend’, als ‘schädlich für das Ansehen der erbbiologischen Bewegung’ bezeichnen und durch übel beratene amtliche Stellen ‘ablehnen’ oder gar verbieten’. Diese Ausgrenzung innerhalb der NS-Wissenschaft ging später sogar so weit, dass die Reichsschrifttumskammer am 31. 12. 1938 Neue Grundlagen der Rassenforschung auf die ‘Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums’, den ‘Index’, setzte. Hierzu passt, dass der Tübinger Germanist Gerd Simon auf seiner Webseite schreibt: ‘Der nordische Gedanke war lange Zeit ein nicht in Frage gestellter Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie. Spätestens 1936 wird er eigentümlich an den Rand gedrängt, seine führenden Anhänger entmachtet. Mit der Gründung des Vierjahresplans, aus dessen geheimen Zusätzen heute klar ist, dass er ein Aufrüstungsplan für den Krieg war, wurde alles, was diesen stören konnte abgewertet. Alles Mythologische wurde heruntergefahren und als mythologisch galten weniger der Rasse- oder der Bodenbegriff, sondern vor allem das Nordische mit ihren Göttern und Göttinnen.’ Dies scheint HG am 10. 5. 1976 in einem Brief an den Kanzler des ‘Goden-Ordens’, Roderich Musfeldt, zu bestätigen: ‘ich habe Ihnen schon von meiner geplanten Errichtung der Irminsäule auf den Externsteinen geschrieben; ich besprach das damals mit Himmler als sein (kulturpolitischer) Adjutant und dann zusammen mit diesem mit Hitler, der aber das noch verschoben haben wollte (ich glaube, er dachte schon: bis nach dem Krieg.’
Auf der Webseite von Gerd Simon findet sich auch ein Dokument des SS-Standartenführers und ab 1937 Präsident der Forschungsgemeinschaft Ahnenerbe des Reichsführers SS, Prof. Dr. Walter Wüst: ‘Nur für den Reichsführer SS bestimmt. Das Bedenkliche und Gefährliche in der Germanenauffassung von Dr. Bernhard Kummer, besonders im Hinblick auf die SS vom November 1937’. Prof. Dr. Bernhard Kummer, Herausgeber der Zeitschrift ‘Nordische Stimmen’, stand selbst den Forschungen von HG kritisch gegenüber, wie andererseits auch Walter Wüst sie kategorisch ablehnte, wie SS-Untersturmführer Sievers schreibt, als HG 1937 um Wiederaufnahme in die Reichsführung SS bittet: ‘Sein Buch über Odal ist jedoch wissenschaftlich nicht tragbar und wird von unserem Präsidenten, SS-Hauptsturmführer Prof. Dr. Wüst zum größten Teil restlos abgelehnt.’ Entsprechend liest sich eine maschinenschriftliche Notiz von HG im Nachlass, er sei von Berlin weggegangen, ‘weil mir der mit Darré wegen Hugenberg verfeindete preußische Finanzminister Popitz den vom Reichsbauernführer für mich an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin vorgeschlagenen Lehrstuhl für Vererbungs- und Volkskunde (Volkstumskunde) ablehnte, weil ‚kein Geld dafür da’ sei’; das scheint zu stimmen, denn nach einer handschriftlichen Notiz im Nachlass von HG waren die beiden anderen von Darré beantragten Lehrstühle einer für Rassenhygiene für Darrés Stabshauptabteilungsleiter Dr. Horst Rechenbach und für Volkswirtschaft für den stellvertretenden Vorsitzenden im Rasse- und Siedlungsamt SS Ferdinand Friedrich Zimmermann; auch die beiden anderen Lehrstühle wurden offensichtlich nicht genehmigt – Rechenbach blieb SS-Oberführer, Zimmermann wurde später Honorarprofessor in Prag. Laut Albert Speer soll Hitler selbst im Sommer 1936 gesagt haben, Alfred Rosenbergs Träumereien von einer arischen Kirche seien lächerlich.
Ergänzung 2014: Bereits 1934 bezeichnete der Direktor des Botanischen Instituts der Universität Tübingen, Prof. Dr. Ernst Lehmann, der eine ,Deutsche Biologie‘ erarbeitete und später aus den Erbanlagen verschiedener Menschenrassen gesetzliche Konsequenzen,“(Judengesetze)“ forderte, in der nationalsozialistischen Lehrerzeitschrift Der Biologe, deren Schriftleiter er war, in Heft 2 S. 63 HGs Rassenforschung als „Machwerk“, als „ein kaum noch steigerungsfähiges Musterbeispiel“, das „aufs Schlagendste beweist, zu welch‘ unglaublichem Irrwahn es führen kann, wenn - nicht nur auf dem Gebiet der Rassenkunde - die wissenschaftlich erarbeiteten Grundlagen biologischer Gegebenheiten unbeachtet bleiben und an ihre Stelle phantastische Vorstellungen treten“. 2002 schreibt Cornelia Essner in: Die ,Nürnberger Gesetze‘ oder die Verwaltung des Rassenwahns 1933-1945 (Paderborn: Schöningh) S. 65 f.: „Welche extreme Positionen im Namen der nordischen Rassenlehre vertretbar waren, zeigte 1933 ein wissenschaftlich klingendes Werk ,Grundlagen der Rassenforschung‘ von Hermann Gauch, in welchem zu lesen stand: ,Der nichtnordische Mensch nimmt eine Zwischenstellung ein zwischen Tier und Mensch‘ bzw. der ,nichtnordische Mensch ist überhaupt kein Mensch‘, denn es ist ,noch nicht bewiesen, dass er sich nicht mit dem Affen paaren könne‘. Gerade weil deutlich war, dass ,nichtnordisch‘ außer jüdisch auch ,mediterran‘ und ,alpin‘ meinte, kam heftiger Presse-Protest aus Amerika, Spanien, Frankreich, aber auch aus Süddeutschland. Im Februar 1934 gab das Innenministerium der Auslands-Presse das Verbot des Buches bekannt und ließ verlautbaren, dass ,Gauch mit den rassischen Anschauungen der Regierung nichts gemein habe‘. Der Fall Gauch demonstrierte, welch politischer Schaden aufgrund fehlender Kontrolle der Veröffentlichungen zum ,Rassengedanken‘ entstehen konnte.“
Kenneth Slawenski: Das verborgene Leben des J. D. Salinger. Rogner und Bernhard, Berlin 2012:
(...) Salingers Erzählungen befassen sich zunehmend mit den reinen Freuden der Kindheit. (...) Da Kinder in Salingers Werk eine so herausragende Stellung einnehmen, kann die spirituelle Reinheit seiner erwachsenen Protagonisten daran bemessen werden, wie nahe sie den Kindern in ihrer Umgebung stehen. (...) weshalb Holden sie als ‚ungefähr so gutherzig wie ein Wolf’ beschreibt. Holdens Aussage gibt Salingers eigene Überzeugungen wieder, die sich 1948 noch verfestigten. Im Juli reiste Salinger in den Ferien nach Wisconsin, wo er den Sommer in einer Hütte am Lake Geneva verbrachte. In seinem Zimmer mit Blick auf den See, das gemütlich wie ein Blockhaus eingerichtet war, machte er sich Notizen zu der Lektüre, die er mitgebracht hatte: eine nationalsozialistische Abhandlung mit dem Titel Neue Grundlagen der Rassenforschung, die sich in abschreckender Weise für ‚ethnische Säuberungen’ ausspricht, sowie einen Artikel aus dem New Yorker vom 1. Mai mit dem Titel ‚Die Kinder von Lidice’.